Veröffentlicht am 21. Februar 2008 • 0 Kommentare
Ja, ich fahre hin. Freitag, 22. Februar bis Sonntag, 24. Februar 2008 werde mich (unkenntlich gemacht durch Pappnase und Bart) auf der Rheingolf rumtreiben, um den Mega-Rummel auf „Europas größter Publikumsmesse“ zu erleben.
Ich werde Schnäppchenjägern zusehen, wie sie sich in rosa-türkis gestreifte Plastikhemdchen zwängen, werde prominenten Golflehrern lauschen, die ihre faszinierende Meinung zum Golfschwung äußern und medienwirksames Entertainment mit Prominenten aus dem Dunstkreis des Golfsports hautnah erleben. Ich werde die Materialschlacht der 300 Aussteller mit allen Poren atmen und ihre „Fachkommentare“ genüsslich notieren.
Wird es wieder einen Galaabend mit Award-Verleihung geben? Natürlich bin ich da nicht eingeladen. Da dürfen nur die Kollegen von den Print-Medien hin.
Trotzdem – ich bin so gespannt! Wird es Sonderpreise geben? Werden die deutschen Golfmagazine gemeinsam jenen einsamen Industriekunden prämieren, der seine Anzeigenrechnung innerhalb des Zahlungsziels überwiesen hat? Und wer bekommt einen Rheingolf-Award? Bekommt der DGV ein Fass GUINNESS als Preis für: die meisten Menschen, die wo auf kleinstem Raum die größte Verwirrung gestiftet haben? Geht der Lifetime-Award an Karl-Georg Gröck aus Schumbach, den alten Bescheißer, der auch nach 50 Jahren Golf nie beim Mogeln erwischt wurde?
Diesmal habe ich mich übrigens richtig auf die Messe vorbereitet. Sogar die Ernährungslage ist gesichert! Ich habe dieser Tage eine stattliche Summe kassiert und werde deshalb erstmals in der Lage sein, eine komplette Bockwurst nur für mich alleine kaufen zu können! (Im letzten Jahr wurde die Messe-Bockwurst aus Budget-Gründen mit zwei Mitarbeiterinnen geteilt).
Wie ich das geschafft habe? Ganz einfach: Ich habe eine CD mit der Adressliste aller deutschen Golfclubs an das Wirtschaftsministerium verscherbelt. Die nehmen im Moment alles. Brachte eine knappe halbe Million auf mein Liechtensteiner Konto. Jetzt heißt es aufatmen, aber – uups – was ist denn das?
Campact schickt gerade eine ihrer pubertären Presse-Meldungen:
„Mindestens 300 Millionen Euro haben Ex-Postchef Zumwinkel & Co. nach Liechtenstein zwecks Steuerhinterziehung verschoben. Und dies ist nur die Spitze des Eisbergs. Überall drücken sich Konzerne und Vermögende vor der Pflicht, ihren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens zu leisten. Bisher hat die Bundesregierung den Konflikt mit Steueroasen gescheut. Das muss sich ändern! Die Politik muss konsequent gegen Oasenländer vorgehen und die Fahndung nach Betrügern ausbauen. Fordern Sie von Angela Merkel und Finanzminister Steinbrück, ihren Worten Taten folgen zu lassen! Unterzeichnen Sie den Appell und informieren Sie Freunde und Bekannte: Alle Unterschriften werden wir Merkel und Steinbrück öffentlich überreichen. Lassen Sie uns gemeinsam dem “globalisierten Raubrittertum” das Handwerk legen!“
Ja, Leute, wo sind wird denn? Wir sind doch selbst ein Oasenland! In Deutschland werden Multimilliarden des internationalen Drogenhandels gewaschen und gebunkert. Unsere Jungs in Afghanistan sichern Opiumfelder, die größer sind als je zuvor. Etliche Firmen in diesem Land gehören mittlerweile gewissen “Herrschaften”, die nicht nur mit Goldkettchen im Club auftauchen, sondern auch mit Gas, Koks und kleinen Mädchen dealen.
Die Großbanken und Wirtschaftsleute, die keine Mühen scheuen, um diese komplizierten Vorgänge zu legalisieren, müssen doch einen Anspruch auf entsprechende Vergütung haben, oder? So ein Kunde kann, einmal verärgert, sehr unangenehm werden! Wenn der Putin den Schröder nicht mehr lieb hat, dann wankt die Weltmacht Deutschland und der Gaspreis steigt wie ein Luftballon!
Was glauben die jungen Leute von Campact eigentlich, wozu sich unsereins so abschuftet? Natürlich wollen wir unsere Millionen vor dem Fiskus verschwinden lassen. Wozu hat man denn einen „kreativen“ Steuerberater und eine „innovative“ Hausbank? Dass Politiker gegen das “globalisierte Raubrittertum” der Wirtschaftsbosse vorgehen sollen, ist so absurd wie die Hoffnung, Radsport-Sponsoren würden das Doping auf der Tour unterbinden.
Im Gegenteil: Motivation durch Erfahrung, heißt der Slogan – für jeden einzelnen unserer Politiker! Hat je ein Bundestagsabgeordneter die Erfahrung gemacht, wie es ist, von Hartz IV zu leben?
Ich plädiere für einen Fastenmonat im Bundestag! Jeder Abgeordnete sollte einen Monat mit seiner Familie von dem ihm zustehenden Hartz IV-Geld leben. (OK. Die Reitstunden der höheren Töchter, sowie Berliner Domina-Therapien werden aus einem Sonderfond bezahlt.)
Dieser faszinierende Realitätskontakt, dieser Elendsmonat, wird auch dem letzten Abgeordneten klar machen, welchen Ängsten und Nöten unsere Wirtschaftsbosse ausgesetzt sind und wie sozial die Leistungsträger unserer Gesellschaft eigentlich agieren, wenn sie sich weigern, ihr sauer erschwindeltes Geld durch den Bund verschwenden zu lassen. Sie bewahren, um lieber dort spenden, wo es wirklich gebraucht wird, zum Beispiel bei der Pflege des politischen Klimas im Bundestag.
Sozial, wie ich bin, werde ich auch etwas von meiner Kohle spenden – für eine Bockwurst auf der „Rheingolf“!
P.S. Falls Sie nicht auf die Rheingolf fahren können, schaun Sie sich einfach die „kürzeste Verkaufsveranstaltung der Welt“ an. Die können Sie auch für Ihren Club buchen! Medium: www.youtube.com
Link: www.youtube.com