Monatsarchiv für September 2007

 
 

Der Kongress tanzt ..

Veröffentlicht am 30. September 2007 • 0 Kommentare

Es war eine rauschende Ballnacht. Meine jugendliche Begleiterin, die ich auf Grund einer geschickten Fehlformulierung am schwarzen Brett der Uni Gießen als Mitfahrgelegenheit zum Jahreskongress für Naturheilmedizin anlocken konnte, wo sie ihr Interesse an der Homöopathie zu vertiefen gedachte, attestierte mir nach fünf Minuten Discofox, dass ich eine ausgemachte Parkett-Sau wäre.
Tanzen hatte ich nie gelernt. Der kleine „tipp“ Zwischenschritt, eins-zwei-tipp, den sie mir deshalb beizubringen versuchte, führte schnell zu ähnlich motorischen Verknotungen meiner Hirnhälften wie damals vor zwei Jahren in Fleesensee, als mir Oliver Heuler erstmal Zacharias Einsatz der rechten Hand referierte und ich ungeschickte Versuche in dieser Richtung unternahm.
Wenn ich es so recht bedenke, jetzt, im Zustand komatöser Halbausnüchterung, ist Zacharias Methode des Golfball Schlagens dem Diskofox gar nicht so unähnlich. Von Tim Gallwey´s Inner Game hatte ich bisher nur das Zählen „Eins-Zwei“ im Kopf, was bei den intellektuellen Ressourcen, die mir mein Reptil-Hirn im Zustand der Anspannung auf dem Golfplatz belässt, schon das Limit war. Jetzt sollte ich noch ein „Tipp“ der rechten Hand dranhängen, womit ich mich schlichtweg überfordert fühlte. Der bewusstseinserweiternde Schlüssel zur Lösung des Problems, so lernte ich ein Jahr später, ist das „Stirnlappenknacken nach Neil Slades „Der Glückschalter“.
Das müssen Sie jetzt nicht verstehen, ich tue es auch nicht wirklich, aber das Aktivieren des Mandelkerns im Hirn (des so genannten „Glücksschalters“) führt aus dem kampfbereiten Reptilhirn-Denken, von dem 98 % der Golfer gesteuert werden, zu einem Zustand der „Stirnlappen-Transzendenz“, was Dr. Vagliante auch als Mastery Golf bezeichnet und bei dem ein eins-zwei-tipp überhaupt kein Problem darstellt.
Ein Problem hat man nur, wenn man am drahtigen Körper einer Studentin klebt und eins-zwei-tipp mit den Füßen versucht, während sich alkoholbedingt Blockaden lösen und das Schlagen der rechten Hand mit zwei Jahre Verspätung einsetzt.
Mein Tanzstil, von 20 Jahren Golfsport geprägt, ist ein horizontales Schwingen um eine Mittelachse herum, die durch das zusätzliche Gewicht meiner Partnerin stabilisiert wird, was an diesem Abend aber nur theoretisch möglich war, weil sie in die entgegengesetzte Richtung strebte. Mein Deo-Stick hatte längst versagt und sie wollte nur weg von den klebrigen Regionen meines transpirierten Seins.
Ich schwang sie herum, verlor die Balance, trat zurück und traf auf etwas Hartes. Ich hörte ein böses Knacken, als ich den Hersteller eines bekannten Heilmittels derart an den Knöchel trat, dass er wimmernd zu Boden ging und seine silberblonde Tanzpartnerin, eine Kölner Akupunktur-Spezialistin, mitriss.
Ich fühle mit ihm, konnte mich aber nicht mehr bändigen, da die überaus flache Geschmacksimpression des Bordeaux, den das Haus Steigenberger auszuschenken wagte, nur durch das zügige Trinken einer Flasche Merlot wegzuspülen war, was aber durch das fulminante Showprogramm des Abends unbemerkt blieb. Erst als die Künstler von der Bühne kamen und eine naturkundliche Massenorgie auf der Tanzfläche begann, spürte ich, wie stark mein Schiff am schwanken war. Aber da war es bereits zu spät.
Der Heilmittelhersteller, keinesfalls ein Leichtgewicht, aber von den vielen neuen bürokratischen Vorgaben der Arzneimittelzulassungskommissionen stark gebeutelt, rappelte sich auf, versuchte zurückzutreten und wurde dabei von der wogenden Masse einer ekstatisch zuckenden Brunhilde überrannt, die ihn mit dem Überlebensgewicht von fünfzig erfolglosen Diätversuchen schlichtweg zermalmte.
Die Trommeln dröhnten, es tobte der Bär. Geistheiler schwebten tanzend über den Tischen, naturheilkundlich ambitionierte Landärztinnen aus den neuen Bundesländern stießen die Kampfschreie befreiter Sachsenstämme aus und selbst jene mageren, graubleichen Heilpraktiker, die Galaabende sonst mürrisch in einer Ecke verbringen, an einem natriumarmen Wässerchen nippen und auf einem Salatblatt kauen, waren nach der wilden Bühnenshow nacktbrüstiger Lido-Girls von ihren Sitzen hochgesprungen und erlebten zum ersten Mal, wie es sich anfühlt, wenn das Chi durch alle Meridiane prasselt, die sich zu diesem lustvollen Anlass bereitwillig öffneten.
Das bekannte Medium eines Astral-Wesen aus Atlantis torkelte wie ein tibetisches Orakel über die Tanzfläche, während das Astralwesen selbst von Kronleuchter zu Kronleuchter schaukelte, was aber nur die 23 Hellsichtigen unter den Tagungsteilnehmern beobachten konnten.
Als die Sambamusik einsetzte, drehte sich die Herstellerin eines homöopathischen Komplexmittels im Derwisch–Tanz, verwickelte sich dabei jedoch im lila Schleier einer anthroposophischen Therapeutin, der daraufhin abriss und zwei Flügelstummel am Rücken freilegte, die nach Rudolf Steiners Aussage bei jenen sich bilden und zu wachsen vermögen, die, der geistigen Schau sich widmend, den Kontakt zu höheren Welten pflegen.
Mittlerweile dachte ich nicht mehr über eins-zwei-tipp nach und schob meine Mitfahrgelegenheit in wilder Ekstase durch den Raum, während sie intensiv darüber nachdachte, wie sie sich ihren juvenilen Schlägertypen vom Hals schaffen konnte. Wieder zuckte meine rechte Hand und schwang nach außen. Diesmal erwischte es einen Zahnarzt am Hinterkopf, der auf Grund massiver, konditionell bedingter Atemnot mit offenem Mund vor seiner Tanzpartnerin hin und her hoppelte und im Treffmoment sein Gebiss ausspie, das ihm ein Kollege angefertigt hatte, der bei den Laborkosten sparen musste, weil die Anschaffung eines neuen Golfschlägersatzes unglücklicherweise mit den Forderungen des Finanzamtes kollidierte, worauf er seine Zahntechniker anwies, noch schneller und mit einem gewissen Fertigungsspielraum zu arbeiten. „Wieder so eine unappetitliche Zahnarztgeschichte, die mir kein Mensch glaubt“, dachte ich, „warum muss das immer mir passieren?“
Die Zähne hatten sich im großmaschigen Spitzenbesatz über dem wogenden Busen seiner rüstigen Tanzpartnerin verbissen, die jedoch noch nichts bemerkt hatte und mit verträumtem Blick zu dem Astralwesen am Kronleuchter starrte, während sie sich zum Rhythmus der Musik bewegte, soweit das ihr Hüftgelenksimplantat zuließ.
Der Zahnarzt versuchte nach seinen Zähnen zu grabschen, erwischte aber ihren Busen, was sie aus ihren Träumen riss. Entsetzt starrte sie in den hohlen Schlund ihres Traumtänzers, der sich bei der ersten Kontaktaufnahme in einer Ü 50-Internetbörse glatt 15 Jahre jünger gemacht hatte. Sie schrie, während er versuchte, seine Zähne aus ihrem Spitzen-Dekolleté zu fieseln und beide verschwanden in der Masse der wogenden Leiber.
Die Kommilitonin, mittlerweile jeglicher Illusionen beraubt, fummelte aus dem Geheimfach ihres Kleides ein Fläschchen Nux Vomica, um sich in der nächsten Drehung einige Globuli rein zu schütten. Während ich zur „Dancing Queen“ epileptisch zuckte und wild um mich schlug, schnappte sie sich eine Flasche Rotwein vom nächsten Tisch und begann, sich fürchterlich zu besaufen.
Das war nicht das Ende von Allem, aber der Auftakt vom Ende. Es ist jedoch nicht meine Art, einen renommierten Mediziner-Kongress durch kompromittierende Details zu belasten. Deshalb möchte ich meinen Bericht abschließen. Es war ein sehr informativer Tag. Die Vorträge waren ausgezeichnet und auch für mich als Laien verständlich. Die gemeinsame transpersonale Erfahrung vieler Menschen mit gereiftem Bewusstsein wirkt nachhaltig in mir, wobei ich meine erhöhten Leberwerte, durch die Einnahme von Froxium versöhnlich stimmen werde. Was die transpersonale Erfahrung mit dem Golfsport zu tun hat, werden Sie, verehrte LeserInnen sofort verstehen, wenn Sie „Golf Gaga – Der Fluch der weißen Kugel“ lesen, meine Recherchen über den aktuellen Stand golfpsychiatrischer Suchtforschung in Deutschland.
Ich wünsche eine erkenntnisreiche Woche

Eugen Pletsch

Der neue Blog - die Wanderung zwischen den Bardos

Veröffentlicht am 23. September 2007 • 0 Kommentare

Cybergolf, das Portal für Golf und Bewußtsein, möchte seinen BesucherInnen drei Dinge bieten:

1.) Interessante Golflinks mit neuen Produkten und anderen Angeboten,
2.) Hintergrundinformationen rund um den Golfsport (und zwar eben nicht nur die Standard-Meldungen der Agenturen, mit denn die meisten Golfsites „Content“ simulieren)
3.) Vergnüglichen Lesespaß.

Den vergnüglichen Lesespaß finden Sie traditionell auf der Startseite verlinkt, im Cybergolf-Archiv oder auf jenen Seiten, die ich bisher als “Golfnotizen von Eugen Pletsch” zu bezeichnen pflegte, und die gemeinhin als Blog anzusehen sind, wobei sich die Geister sich darüber scheiden, ob es der Blog oder das Blog heißt, weshalb ich immer mein Blog sage.

Der Aufwand, den wir treiben, hält sich zwar im Verhältnis zu den branchenbekannten Geldverbrennungsstätten der Golfszene in Grenzen, aber die eine oder andere Maßnahme, lässt sich nicht mit einen freundlichen „Vergelts Gott“ bedanken. Da Cybergolf sich als Dienstleister für die Kommunikation rund um den Golfsport betrachtet, versuchen wir den Anbietern geweblicher Golfseiten deshalb vorsichtig klar zu machen, dass unsere Dienste oft sinnlos érscheinen mögen, aber dennoch nicht kostenfrei sind. Das wird nicht immer nachvollzogen, aber immer öfter und von denen, die kein Geld haben (ich könnte hier bekannte Markenfirmen nennen) manchmal mit einem Kiste Naturalien beantwortet. Die, die uns Nudeln schicken, bekommen keine PR auf Cybergolf, aber die, die uns Golfbälle schicken schon eher, denn Golfbälle haben sich in unseren Kreisen mittlerweile als vernüftiges Zahlungsmittel etabliert. Kommt nur darauf an, was für Golfbälle!
Ich leite den Spannungsbogen jetzt in Richtung Koch-Werkstatt, die ich schon seit längerer Zeit beobachte, wobei mir erst kürzlich bewußt wurde, dass der Betreiber der Seite, Karsten Kuhnen, selbst der Kreator ist und dabei ein ausgesprochen feines Händchen zeigt. Ich fand heraus, dass Meister Kuhnen Gestalter diverser Blogs ist und fasste dieser Tage den Mut, bei ihm anzufragen, ob und zu welchen Konditionen er bereit wäre, meine „Golfnotizen“ auf Wordpress zu transponieren. Dazu wäre er schon bereit, teilte Herr Kuhnen mit, wobei er dezent aber unübersehbar anmerkte, dass er sehr gerne „Titleist-Bälle“ spielen würde.
Ich verfluchte den Blog, in dem ich kürzlich die Qualität von Aldi-Bällen in Frage stellte. Damit war ihm also nicht mehr zu kommen. Nein, es musste Titleist sein.
Ein zähes Ringen begann in meinem Geiste. Ich habe nur noch zwei Dutzend Titleist NXT im Regal, die ich, wenn es denn schon so früh sein müsste, mit ins Grab zu nehmen gedachte. Es mag sein, dass sich niemand von meinen Leser daran entsinnen mag, was Don Juan stets Castaneda zuflüsterte, nämlich dass der Tod immer hinter der linken Schulter lauert, aber ich bin mir dessen durchaus bewusst. Nach zwei Wochen Pletsch-Mast, in denen ich meine Cholesterin-Werte in schwindelnde Höhen trieb, fand die mehrfach angekündigte Lesung mit Vernissage im Golfpark Winnerod statt.
Es war ein schöner Abend mit vielen Gästen aus Nah und Fern und zwei Kameras zeichneten auf. Nachdem ich die Aufzeichnungen ansehen musste, wurde mir bewusst, dass ich, wenn ich so weiter mache, demnächst in der Gewichtsklasse John Daly / Mark Calcavecchia spiele, nur mit dem Problem, dass meine Drives bei gleichem Bauchumfang etwas 100 Meter kürzer wären und der Tod durch Platzen jederzeit eintreten könnte.
Deshalb denke ich, ohne morbid klingen zu wollen, über die alte Tradition der Grab-Beigaben nach. Wenn ich mir überlege, was ich in meiner Kiste haben möchte, dann fallen mir sofort die üblichen buddhistischen Utensilien ein, z.B. meine Ess-Schale, mein tibetischer Trinkbecher, meine Perlenschnur, mein Tuch, aber auch mein uralter Acushnet-Putter (denn im Jenseits gibt es keinen Yips!), Alex Mitchell (mein Persimmon-Holz 4) und diese zwei Dutzend Titleist NXT, die meiner Ansicht nach vollkommen für eine Wanderung zwischen den Bardos ausreichen dürften.
Aber - pietätlos wie er ist - will Karsten meine letzten Titleist-Bälle. Na gut. Die soll er haben, denn das Ergebnis seiner Arbeit hat mich mit neuer Lebenskraft erfüllt und ich hoffe, dass Ihnen /Euch der/das neue Blog gefällt.
Die alte Adresse auf blogger.com wird demnächst abgeschaltet und ich bitte alle Freunde, die meine Texte auf ihren Webseiten verlinkt haben, die Adresse zu ändern. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich bei der Gelegenheit ein kurzes Feedback bekäme, wer mich wo verlinkt hat. Diese Seiten werde ich auf Cybergolf demnächst in einer eigenen Rubrik vorstellen. Soviel so den aktuellen Ereignissen.

Ich wünsche Euch / Ihnen eine schöne Woche

Eugen Pletsch

PS: Werbeblog
Sollten Sie anlässlich einer Veranstaltung in Ihrem Club noch einen Vorleser für die Verdauungsphase nach dem Essen brauchen: Ich lese gerne und zu moderaten Konditionen, wobei das mit einer Ausstellung der Golf Art Edition von Klaus Holitzka verbunden sein kann, oder ohne. Erweiterte Unterlagen, z.B. eine Demo-DVD, sind in Arbeit und können angefragt werden. Wenn Sie reinen, puren Kunstgenuss ohne lange Worte erleben möchten, können Sie natürlich auch nur Klaus Holitzka für eine Ausstellung buchen. Aber ich denke, dann wäre ich etwas traurig.

The perfect swing

Veröffentlicht am 17. September 2007 • 0 Kommentare

Unfassbar schön und - wie wir wissen - extrem effektiv: Ben Hogans Golfschwung.

Die Pletsch-Mast!

Veröffentlicht am 16. September 2007 • 0 Kommentare

So ganz habe ich meinen getoppten Bunkerschlag von letzter Woche doch nicht verdaut. Ich denke, mir fehlte die Erdung. Vielleicht hat die Erdanziehungskraft etwas nachgelassen? Mit Sonnenflecken auf der Nase fuhr ich gen Attighof – jenem Trainingszentrum nordöstlich von Frankfurt, in dem Deutschlands führende Golflehrerin und ehemalige Nationaltrainerin Barbara Helbig wirkt. In der Rembold-Pfründe, wie die aktuelle Golfbeilage der Süddeutschen unter Kennern genannt wird, hat Uli Köhler den weiblichen Schwung als „Sanfte Lektion“ für Golfer erkannt und behauptet, dass weibliche Golflehrer en vogue sind. Das wissen die Attighofer und viele Top-SpielerInnen, die zu Barbara Helbig pilgern, seit Jahren. Damit ich nicht wieder falsch verstanden werde: Der Artikel von Köhler ist Wasser auf meine Mühlen, auch wenn sich der verheiratete Autor in Anbetracht des EX-Mannequins Mitterer etwas verschwitzt formuliert. Überhaupt sind die Textbeiträge, sowohl in der Süddeutschen als auch den anderen Golfbeilagen allgemein erträglicher geworden, ja manchmal sogar richtig informativ. Zwar lässt sich in vielen Fällen nimmer noch nicht zwischen Redaktion und Werbung unterscheiden, aber es ist zweifelsfrei so, dass neue Golfzeitschriften am Markt den Effekt hatten, dass saturierte Redaktions-Seilschaften inhaltlich nachlegen mussten, was in manchen Fällen durchaus gelungen ist.
Zurück zum Schwung der Damen. Seit Jahren empfehle ich dem Durchschnittsgolfer, dem ambitionierten Handicap-Hacker, sich mehr Damengolf anzusehen, um in dem ruhigen, gleichmäßigen Schwung einen Gegenpol zu dem schnellen Powerschlag der Profis zu finden, den wir allzu gerne nachmachen möchten, weshalb viele Spieler den größten Teil der Runde einsam wie Cowboys im Wüstensand oder in den Wicken verbringen. Golfübertragungen der LPGA mögen im Extremfall zu jenem laschen Tunten-Treibschlag führen, der mir nachgesagt wird, aber immerhin treffe ich im Gegensatz zu meinen Mitspielern die meisten Fairways.
Aber dann kamen die Zweifel. Sollte ich vielleicht doch etwas mehr Power hinter Ball bringen und wenn ja, wie? Das war die Frage, die mich nach Attighof trieb. Leider erwischte ich Barbara nur im Vorbeigehen. Sie war geistig schon auf Solheim-Cup eingestellt. Ja, sie fährt hin. Einfach so. Zuschauen. Barbara lächelte und verschwand. Manchmal hat sie den Blick eines Sphynx. Ich überlegte. Hatte ihr fragender Blick im Vorbeigehen nicht jene Region gestreift, an der ich einst meinen Bauch hatte? Eine Erleuchtung überkam mich: Von wegen schwächere Erdanziehungskraft - ich muss einfach mehr essen. Die meisten guten Golfer, die keine Athleten sind, sind schön dick. Villegas, den ich in Kanada sah, kann einem nur Leid tun. Soll der doch mit der rechten Hand nach dem Ball schlagen wie er will, der Hering, ich werde wieder ordentlich essen! Jedes Kilo mehr, das ich hinter den Ball bringe, sind 5-10 Meter, ohne dass ich Rhythmus oder Technik verändern muss. Barbara ist einfach genial. Ein kurzer Blick auf meinen Bauch. Peng!
Seit Tagen fresse ich. Ich bin 1,86 groß, lag immer um die 80 Kilo, dann waren es 82, jetzt sind es 85 Kilo. Wie ich das schaffe? Schottische Power-Diät: die Pletsch-Mast! Heute Morgen bereitete ich mir das zu, was in einem englischen B&B als full scottish breakfast bezeichnet wird. Zuerst gibt es „Cereals“, dann verbrannten Toast mit einer bittersüßen Orangenmarmelade in der kleine Ingwerstücke kleben. Das wird alles mit einem süßen Tee runter geschlürft, der mit stark gechlortem Wasser gebraut wird. Die HEINZ Beans werden in einem Töpfchen angewärmt, ein paar Eier in die Pfanne geschlagen. Am Wichtigsten ist der angebratene Speck. Da wir hierzulande nicht den original ekelhaften englischen Ham haben, müssen wir auf Schinkenstreifen mit breiten Fettrand ausweichen. Z.B der Serano-Schinken von Aldi ist dafür geeignet. Erhitzt riecht er so herrlich nach totem Schwein, aber der Schinken muss, wenn man ihn original schottisch haben will, richtig gut durchgebrannt sein. Vertrocknet, gekrümmt und schwarz kross kommt er auf den Teller, daneben die Bohnen, die innen noch kalt sein müssen und das Rührei, das nach original schottischem Rezept noch glibberig ist. Diese Masse würge ich, so schnell wie möglich und ohne zu kauen, herunter. Mittags mache ich mir Burridos mit genmanipulierten Maisfladen aus dem Supermarkt, schön fett mit Schmand, Avocado-Creme und pürierter toter Kuh in Bohnenmus. Ich tu was für meinen Powerschlag und soviel sei gesagt: Eine blöde kleine Sonneneruption wird mich nicht mehr aus der Umlaufbahn meiner Schwungebene werfen, damit das mal klar ist!
Aus der Bahn warf mich aber die Resonanz der Gäste bei unserer „Lesung mit Vernissage“ im Golfpark Winnerod. Viele waren von weither gekommen. Wir hatten eine höhere Therapeutendichte als in Poona. Susanne Landskron, meine Lektorin, kam aus Göttingen, Frank Pyko sogar aus Freiburg, obwohl er am nächsten Morgen um 9 wieder ein Seminar bei Basel hatte. Vermisst wurde Manfred Hauser, der unabkömmlich war, aber Blumen schicken ließ, was auch einem (angeblich) alten Zyniker einen Kloss in den Hals schob.
Wir hatten einen Kreis von 70 Gästen, darunter sozusagen als Stargast die Komponistin Angelika Fleer, die mich mit Klaus Holitzka bei einem Essen bekannt gemacht hatte und die es sich nicht nehmen lassen wollte, ihr „Baby“ bei der Taufe zu sehen. Der Galerist von Holitzka, Reinhard Rätzel, hatte neben den Mastery-Golf-Arbeiten auch die neue Edition mit den Bilder aus „Golf Gaga“ aufgehängt, und der Meister brachte noch eine großformatige 4 x 5 Meter Arbeit mit, die der Lesung als Bühnenbild den angemessenen Rahmen gab.
Golf Gaga ist jetzt überall im Handel erhältlich, ein paar Leseproben finden Sie auf meiner neuen Website http://www.eugenpletsch.de/, wo das Buch auch (über Frank Pyko) bestellt werden kann.
Oliver Heuler hat die Anglergeschichte „Drei Männer im Boot“ auf dem Golfforum verlinkt - ich wünsche bei der Lektüre viel Vergnügen.
Ich danke allen Lesern, die eine Kurzrezension unter Amazon-Lesermeinungen veröffentlichen und möchte noch mal darauf hinweisen, dass Golf Gaga durchaus auch als heitere Lektüre für Nichtgolfer geeignet ist.
In der Hoffnung, dass das Millionen Leser das auch so sehen, wünsche ich eine gute Woche.

Ihr / Euer

Eugen Pletsch
Notizen von Eugen Pletsch

ALDI-Bälle im Sonnensturm

Veröffentlicht am 02. September 2007 • 0 Kommentare

Es geschah am letzten Dienstag auf einer Runde mit den Helden von Winnerod, die noch vom Abstiegskampf gekennzeichnet, bereit waren, auch schwächere Spieler mit auf die Runde zu nehmen, um durch den Längenvergleich vom Tee wieder neue psychische Kraft zu schöpfen.
Es war etwa 18 Uhr als ich am 6. Abschlag verkündete, dass ich erstmals in meiner 20jährigen Laufbahn als Golfer Bälle verschenken würde. Es ist meinen Mitspielern, die grundsätzlich Titleist Pro V1 mit Sternchen in den Wald donnern, durchaus bekannt, dass ich dem Marketingleiter des führenden Golfballherstellers bisweilen, nach zähem Ringen, ein paar Testbälle aus den Rippen leiern kann, die aber grundsätzlich nicht verteilt werden. Ich horte diese Bälle, denn das Schicksal der ehemaligen „DDR“-Golfer ist uns Älteren noch allgegenwärtig. Ja, Schläger hatten sie, aber keine Bälle mehr und wenn die Ossi-Crossgolfer vor der Maueröffnung bei der nächtlichen Suche im Rough manche Selbstschussanlage auslösten, dann zeigt das, was ein Ball Wert ist, wenn man ihn nicht hat. Das mache ich mir immer bewusst, wenn ich wieder ein Fach Polohemden aus dem Schrank räumen muss, um Platz für neue Titleist- und Pinnacle-Bälle zu schaffen. Wer weiß, wann wer die nächste Mauer baut. Vermutlich die Chinesen. Und auf welcher Seite der Mauer wird es dann Golfbälle geben? Ich meine: sicher ist sicher!
An jenem Dienstagabend also riss ich meine Mitspieler sozusagen vom Tee, denn jeder sollte einen Gratisball bekommen. Die Begeisterung wich einer gewissen Kühle, als ich CRANE-Golfbälle auspackte, die ich mir bei ALDI gekauft hatte, nachdem 30 Stück von 8,90 € auf 4,90 € reduziert wurden. 30 Bälle! Da konnte meine schottische Seele nicht nein sagen. Jeder bekam einen Ball. Der eine Mitspieler, ein ehemaliger Kriminalhauptkommissar, der namentlich nicht genannt wird, da jeder Zusammenhang mit meiner Person seinen Pensionsanspruch gefährden könnte, drosch seinen CRANE mit einem mächtigen Hieb nach links ins Rough. Testperson Nr. 2 schlug den CRANE-Ball 240 Meter bergauf, so wie er jeden Ball 240 Meter bergauf schlägt, was seinem Spiel eine gewisse Konstanz verleiht. Trotzdem war er nicht zufrieden. Tja, und dann schlug ich meinen ersten CRANE-Ball. Ich spürte, dass dieser Ball nicht so hart ist, wie die Kieselsteine, die LIDL unter dem Namen b-square verkauft. Der Ball flog an die Stelle, an der mein Drive auf dieser Bahn meist liegt, wenn er nicht woanders liegt.
Die Erde hat eine Masse von 5,97 * 1024 kg. Wenn jeden Tag eine 60 Millionen Golfbälle verschossen werden, wieviel Masse hat die Erde in 50 Jahren? Die Frage ging mir gerade durch den Kopf, als ich meinen zweiten Schlag, ein Eisen 8, mit der mir nachgesagten Anmut links in den Grün-Bunker verzog. Am Äquator herrschte eine siderische Rotationszeit von 23,93 h und meine Mitspieler und ich waren fassungslos. Wann hatte ich je im Bunker gelegen? Im Bunker liegen nur Spieler, die Angst vor einem Bunkerschlag haben und die habe ich nicht, weil ich ein ausgezeichneter Sandspieler bin. Meine Bunkerschläge aus allen Lagen haben eine gewisse Perfektion bekommen, seit ich vor Jahren Jesper Parnevik über eine Stunde im Übungsbunker beobachtete und mir dabei einen Sonnenbrand holte. Nein, Bunkerschläge sind kein Thema, es sei denn, es tobt ein kleiner Sonnensturm. Wenn dann die wichtigste Verbindung in der Atmosphäre 78% N2, 21% O2 in ihrer Zusammensetzung leicht schwankt, dann kann viel passieren. Der Einfluss der Sonne auf den Menschen wird allgemein unterschätzt. Sonnenstürme, Eruptionen, gewaltige Explosionen, gerade mal 149 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, können sensible Menschen – und zu denen zähle ich mich – nachhaltig stören. Wenn man dann bedenkt, dass die Neigung des Äquators zur Bahnebene 23,45° beträgt und der Oberflächendruck bei 10,140 PA liegt, das sind immerhin 1,014 bar, dann ist es durchaus erklärbar, dass jemandem mal das Sandeisen ausrutscht und der Ball über das Grün saust. Genau das – ZACK – geschah. Ich hackte den CRANE aus dem Bunker in das gegenüberliegenden Rough, von dort zurück auf das Grün und nur wenige Putts später lag er im Loch. So weit, so gut. Meine Erklärung, dass das selbst mir und Jesper Parnevik schon mal passieren kann, wenn die Sonne bei einer schwierigen Bergablage gerade im Rückschwung kaum 149 Millionen Kilometer entfernt eine Eruption hat, wurde von meinen Mitspielern mit Verständnis aufgenommen. Aber dann untersuchten wir den CRANE-Ball um festzustellen, dass der nagelneue Ball nach nur vier Schlägen an der äußeren Schale in Dreiecksform aufgerissen war. Bevor die Herren Albrecht jetzt ihre Bluthunde und Winkeladvokaten auf mich hetzen, sei noch mal betont, dass mein Zeuge bei diesem Feldversuch immerhin ein Ex-Oberkriminaler war, also langsam Leute!
Ich habe auch nicht gesagt, dass der CRANE-Ball eine mindere Qualität hätte. Das haben andere junge Menschen gesagt, die dank ALDI immerhin das erste Mal in ihrem Leben in den Genuss kamen, einen neuen, weißen Golfball zu spielen. Cross-Golfer, Leser der Jugendzeitschrift „GOLFPUNK“ und andere „coole Scene-Typen“ die ihren Bausparvertrag aufgelöst haben, um sich einen Lindeberg-Gürtel zu kaufen – sie alle sind wollüstig und willig zu ALDI gerast und einige haben sich ziemlich geärgert, wie mir zu Ohren kam. Ein Golf-Saurier wie ich, der nach wie vor in Chinos und Baumwoll-Polohemd rumläuft und dessen Gürtelgeschmack in jener Zeit geprägt wurde, als eine Gräfin von Lehndorff für den Schmuck der Taille zuständig war (als wir noch Taille hatten!), sollte keine CRANE-Bälle kaufen. Es sei denn, 30 Stück wären auf 4,90 € reduziert worden - und dann auch nur zum Vorrat. Die nächste chinesische Mauer kommt bestimmt!

In diesem Sinne: hortet Bälle!